Dießener „KleinstadtakademikerInnen der 1. Stunde“ beim Start in Wittenberge
Am vergangenen Freitag (26. Juli) übergab Bundesbauministerin Klara Geywitz in Wittenberge (zwischen Berlin und Hamburg an der Elbe gelegen) einen Zuwendungsbescheid über 2 Mio. Euro an den dortigen Bürgermeister Dr. Oliver Hermann für den Aufbau der ersten bundesweiten Kleinstadtakademie. Die Kleinstadtakademie war am Nachmittag desselben Tages Thema auf dem Wittenberger Bismarckplatz vor dem Stadtsalon Safari. Dort feierte die Bundesstiftung Baukultur den Abschluss ihrer deutschlandweiten Sommerreise. Beim öffentlichen Dialog zur Zukunft von Kleinstädten und ländlichen Gemeinden mit Bundesbauministerin, Bürgermeister, Bauamtsleiter, Mitarbeitenden der Kleinstadtakademie und Baukultur-ExpertInnen waren auch zwei „KleinstadtakademikerInnen der ersten Stunde“ aus Dießen dabei: Wittenberges Bauamtsleiter Martin Hahn begrüßte herzlich die langjährige Gemeinderätin Petra Sander und Hans-Peter Sander, der vom Ammersee-Denkerhaus – Coworking Space aus das CoWorkLand-Landesbüro Bayern leitet.
Von 2021 bis 2023 war im Rahmen der entstehenden Kleinstadtakademie neben anderen das geförderte Modellvorhaben „Kooperative Entwicklung kleinstädtischer Transformationspfade im Themenfeld Neue Arbeitswelten“ gestartet. Im Verbund von Dießen am Ammersee (Bayern), Dippoldiswalde (Sachsen), Mölln (Schleswig-Holstein), Oestrich-Winkel Hessen) und Wittenberge (Brandenburg) wurden Lösungsansätze für die Kleinstadtentwicklung gefunden und erprobt, die sich aus dem Wandel der Arbeitswelt ergeben. Als Projektagentur war in diesem Kleinstadtverbund die CoWorkLand e.G. und der Dießener H.-P. Sander als Projektmanager tätig. Zu den Dießener Errungenschaften des Modellvorhabens gehörte eine sehr erfolgreiche Bürgerbefragung und die Gründung einer über zwei Jahre kontinuierlich wirkenden Taskforce aus engagierten, kompetenten Menschen aus der Region, die sich mit Neuen Arbeitswelten beruflich wie gesellschaftlich befassen.
Ansprache der Bundesbauministerin Klara Geywitz (rechts) in Wittenberge. Neben ihr Bürgermeister Dr. Oliver Hermann und Siw Foge.
Laut Klara Geywitz ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, gleichwertige Lebensverhältnisse in ländlichen und städtischen Regionen zu schaffen und die Städte zukunftsfest zu machen. Den über 2.100 Kleinstädten käme dabei eine Schlüsselrolle zu. Schon seit einigen Jahren haben sich das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und das angeschlossene Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) mit verschiedenen Forschungsvorhaben und Förderprogrammen verstärkt der Stadtentwicklung kleinerer Städte und Gemeinden zugewendet. Dabei zeigte sich der Bedarf nach einer dauerhaften Unterstützung der Kleinstadtentwicklung, die eine „Kleinstadtakademie“ bieten soll. In einer Pilotphase von 2019 bis 2023 wurde vertiefende Forschung zu geeigneten Inhalten und Formaten betrieben zur Unterstützung der zukünftigen Stadtentwicklung von Kleinstädten. Die Ergebnisse flossen in die inhaltliche und strukturelle Ausgestaltung der Kleinstadtakademie ein.
Wiedersehen in Wittenberge: Stolz auf Erreichtes in einer fruchtbaren Zusammenarbeit im Modellvorhaben „Neue Arbeitswelten“ (v.l.n.r.): Carola Thomsen (Wirtschaftsförderung TGZ Prignitz GmbH), Klaus Burmeister (forsightlab Berlin), Petra Sander (Dießen), Siw Foge (Leiterin Kleinstadtakademie, Wittenberge), Lars Porsche (Projektleiter Forschung Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung BBSR, Bonn), Martin Hahn (Leiter Bauamt Wittenberge), Hans-Peter Sander (CoWorkLand, Dießen). Nicht mit auf dem Bild, aber in Wittenberge anwesend: Katharina Pötzsch von der TH Lübeck, die sich im Modellvorhaben besonders bei der Dießener Bürgerbefragung engagiert hatte.
Im Juni 2023 hatten sich Wittenberge und 44 weitere Kleinstädte am bundesweiten Standortwettbewerb für die Kleinstadtakademie beteiligt. Im Februar 2024 wurde durch das Bundesbauministerium die Entscheidung verkündet, dass Wittenberge das Rennen gemacht hat. Zu den Vorzügen der Elbestadt zählt man eine engagierte Verwaltung, die bundesweit sehr gut vernetzt sei. In Wittenberge verspricht man sich von der Ansiedlung der Kleinstadtakademie neue Impulse für die Stadt, die Region und die Kleinstädte in Deutschland insgesamt. Bürgermeister Dr. Oliver Hermann betont die wichtige Rolle von Kleinstädten im Hinblick auf die Lebensqualität und Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen. „Die Kleinstadtakademie bietet uns jetzt die Chance, den spezifischen Bedarfen und Wünschen von Kleinstädten mehr Aufmerksamkeit und Gehör zu verschaffen“, so Hermann.
Die im gemeinsamen Modellvorhaben „Neue Arbeitswelten“ engagierte Wittenbergerin Siw Foge ist als Geschäftsstellenleiterin der Kleinstadtakademie vorgestellt worden. Zunächst gehe es laut Siw Foge darum, die Geschäftsstelle aufzubauen und ein Team aus sechs Personen zusammenzustellen. Kern der Arbeit der kommenden Wochen sei es, eine Organisationsstruktur für die Zusammenarbeit der Kleinstädte zu etablieren und ein Netzwerk aus Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen von kleinen Städten aufzubauen. „Es geht darum, unsere Idee der Kleinstadtakademie vorzustellen, Bedarfe einzusammeln, Fokusthemen zu ermitteln und Kooperationen auszuloten“, so die Geschäftsstellenleiterin weiter. „Wir sind davon überzeugt, dass in den mehr als 2.100 Kleinstädten bundesweit viele gute, praxistaugliche Lösungen zu Problemlagen kleiner Städte entwickelt und umgesetzt wurden. Die spannende Aufgabe besteht nun darin, diese Lösungen anderen Kleinstädten, die ähnliche Problemlagen haben, unkompliziert zugänglich zu machen und damit echten Mehrwert zu schaffen.“ Entsprechend formulierte sie auf dem Bismarckplatz in ihrer kurzen Ansprache sechs Thesen zum Selbstverständnis der Kleinstadtakademie. Die Kleinstadtakademie ist: 1. ein deutschlandweites Netzwerk von und für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von Kleinstädten; 2. eine Wissensplattform und Kommunikationsplattform für Themen der Stadtentwicklung kleiner Städte; 3. ein Seismograph für die Lage und Situation von Kleinstädten; 4. ein Schaufenster für innovative praxistaugliche Lösungen; 5. ein selbstwirksames Beratungsnetzwerk für kleinstädtische Problemlagen; 6. ein Zuhause für die Familie der Kleinstädte und die vielfältige Community.
Mehrfach war Dießen unter anderem mit dem Ammersee Denkerhaus – einem der ersten kleinstädtischen Coworking Spaces Deutschlands – Zielort der ExpertInnen aus dem Kleinstadtverbund im Modellvorhaben „Kooperative Entwicklung kleinstädtischer Transformationspfade im Themenfeld Neue Arbeitswelten“ (Bild: Sept. 2022 im Denkerhaus).